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NS-Opfer zeigen Oettinger an 16.04.2007 - 00:52 von GI-Joe556

Allgemein 16. April 2007
NS-Opfer zeigen Oettinger an

Die Vereinigung Opfer der NS-Militärjustiz stellt Strafanzeige wegen Beleidigung gegen den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger. In der Anzeige des Vorsitzenden Ludwig Baumann, die der Nachrichtenagentur AP vorliegt, heißt es wörtlich: "Herr Oettinger hat bei seiner Trauerrede für den verstorbenen Hans Filbinger diesen als einen Gegner des NS-Regimes bezeichnet, obwohl er als Nazi-Kriegsrichter an Todesurteilen mitgewirkt hat. Für die wenigen Überlebenden der Wehrmachtsjustiz sowie die über 20.000 Hingerichteten und ihre Angehörigen ist diese Äußerung eine schamlose Verhöhnung."

Baumann, der Wehrmachtsdeserteur ist und 1942 in Frankreich von einem Marinerichter zum Tode verurteilt wurde, kündigte an, die Anzeige am noch am Montag bei der Bremer Staatsanwaltschaft einreichen zu wollen.
Kritik auch nach Entschuldigung

Oettinger hatte bei der Trauerfeier für seinen verstorbenen Amtsvorgänger Hans Filbinger im Freiburger Münster gesagt: "Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes." Oettinger hatte sich nach heftiger Kritik an dieser Rede in einem Interview entschuldigt. Der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe) sagte er: "Es war nie meine Absicht, die Verfolgten und die Opfer zu verletzen. Sollte das geschehen sein, tut es mir Leid. Und dafür entschuldige ich mich auch."

Unterdessen hält der Zentralrat der Juden in Deutschland die Entschuldigung Oettingers für nicht ausreichend. "Die Entschuldigung ist natürlich nur ein erster Schritt", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, am Montag dem Bayerischen Rundfunk. Er sprach wie zuvor schon SPD- Chef Kurt Beck von einem "Versuch des Ministerpräsidenten, hier am rechten Rand zu fischen".

"Es ist in der Zwischenzeit durch das Hin und Her und durch das Immer-wieder-Bekräftigen des Ministerpräsidenten ein Flurschaden entstanden, insbesondere was die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit angeht, durch diese revisionistischen Aussagen, dass es mit einer einfachen Entschuldigung nicht mehr getan ist", sagte Kramer. Oettinger habe mit der Rehabilitation des durch seine NS-Vergangenheit belasteten CDU-Amtsvorgängers Filbinger "ja eigentlich den deutschen Widerstand pervertiert".
Spannung vor Parteisitzungen

Mit seiner Entschuldigung hatte Oettinger (CDU) eigentlich versuchen wollen, den tagelangen Sturm der Entrüstung über seine Trauerrede für Filbinger einzudämmen. In Berlin werden sich am heutigen Montag voraussichtlich die erstmals nach Ostern wieder tagenden Bundesparteigremien mit dem Vorgang befassen. Dabei wird mit Spannung erwartet, ob sich die CDU-Spitze mit den jüngsten Erklärungen Oettingers zufrieden gibt oder ob eine weiter gehende Distanzierung von der Filbinger-Würdigung erwartet wird. Am Freitag war Oettinger von der CDU-Vorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel, wegen der Rede öffentlich gerügt worden. (AP, dpa, N24.de)
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